Die Diskussionen rund um die Errichtung eines Instituts für Fotografie, eine Diskussion, die ja nicht nur in Deutschland intensiv geführt wird, sondern auch in Österreich immer wieder aufflammt, ist uns Anlass das Gespräch mit denjenigen zu suchen, die von dieser Diskussion direkt betroffen sind: mit den Fotografinnen und Fotografen. Wir glauben, dass die Situationen – auch die Lebenssituationen – jeweils sehr individuell sind, darüber hinaus jede und jeder anders arbeitet, und dass es lohnend ist, die Unterschiedlichkeit in der fotografischen Praxis und der Aufbereitung des Materials herauszuarbeiten.
Die Situation der Fotografen heute ist schon jeweils sehr verschieden und ich glaube, es wird immer schwieriger Archive zu begründen, die in ein bestimmtes System eingepasst werden. Es gibt diese wunderbaren, ganz alten Fotografien von Eugène Atget zum Beispiel, dessen Werk natürlich längst katalogisiert ist, genau wie das von anderen frühen Fotografen. Das ist ja alles längst gemacht, nehme ich an. Aber: Es wird immer komplizierter und immer umfangreicher, gerade durch die Digitalisierung.
Ich kenne den Juergen Teller, und wenn der ein Foto von einer Tasche machen muss, dann macht er schnell 2000 – hat mir eine Freundin erzählt. Und eines davon ist dann so, wie er es gern haben möchte. Welches Kriterium er da in der Auswahl anwendet und ob er es weiter manipuliert, das weiß ich natürlich nicht. Aber das ist ja alles eine Möglichkeit heute Bilder zu machen. Allein dadurch wird es immer komplizierter ein Archiv zu erstellen. Es ist unglaublich, was da alles anfällt, wenn jemand viel fotografiert.
Nun könnte man ja sagen, die anderen 1999 Bilder wurden von Juergen Teller nicht ausgewählt, sondern er hat sich eben für dieses eine Bild der Tasche entschieden …
Vielleicht schmeißt er alle anderen weg!
Genau. Reicht es, das eine Bild zu behalten?
Dazu wird jeder eine eigene Meinung haben. Es gibt ganz sicher Leute, die alles aufheben. Als ich anfing, habe ich analog fotografiert. Auch da habe ich schon viel fotografiert. Und sich dem anzunehmen, hieße, alles durchschauen zu müssen.
Wie ist es denn bei Ihnen? Schauen Sie alles durch? Haben Sie sich schon Ihrem Archiv gewidmet?
(lacht) Also … ich habe ein Archiv. Alles, was ich gemacht habe, habe ich selbst entwickelt. Außer Farbe, Farbe habe ich immer entwickeln lassen. Meine Schwester hat das Büro gemacht und immer alle Negative, Kontakte und Positive in Folder, in binders, eingeordnet und beschriftet. Die waren richtig dick und voll. Später hat dann mal eine junge Frau, die hier sehr effizient gearbeitet hat, alles umbenannt. Die hat aber eigentlich ein Chaos angerichtet, ein totales Chaos. Ich hatte damals gar keine Zeit mich dem zu widmen. Ich habe zwar mit Assistenten zusammengearbeitet, aber die brauchte ich beim Fotografieren. Ich habe nicht wirklich jemanden gehabt, der sich um mein Archiv gekümmert hätte. Das war damals auch gar nicht üblich. Und selbst wenn es üblich gewesen wäre, hätte ich das gar nicht machen können. Ich war verheiratet, hatte zwei Kinder. Also das war alles kompliziert. Aber jetzt bin ich natürlich mit meinem Archiv konfrontiert. Ich habe schon vor längerer Zeit angefangen, mich darum zu kümmern, erstmal nur gedanklich. Wie mache ich das jetzt? Ich kenne mich natürlich mit meinen Bildern aus, weil ich weiß, wie ich sie gemacht habe. Aber das, was ich bisher im Hinblick auf das Archiv gemacht habe, ist überhaupt nicht genug. Ich habe tausende Prints gemacht, die Fotos in Folder und in Mappen getan, sie beschriftet und dann in Laden gesteckt. Aber wenn ich etwas suche, werde ich verrückt. Die verschiedenen Leute, die für mich vergrößert haben, wenn es etwas zu vergrößern gab, haben dann oft viel mehr Material aus den Laden herausgenommen, als sie gebraucht haben, und haben es dann schlecht wieder zurücksortiert. Das verursacht ja alles wahnsinnige Probleme. Aber das größte Problem ist: Ich kann mich gar nicht um mein eigenes Archiv kümmern, denn dann müsste ich die Fotografie aufgeben. Das ist so wahnsinnig zeitintensiv. Geht gar nicht.
Kann nicht jemand anderes diese Archivarbeit übernehmen oder braucht es dazu die Stimme der Fotografin?
Ich habe eine wunderbare Schwiegertochter, Ursula Davila-Villa, die sich mit Kunst beschäftigt, in New York eine Galerie geführt hat und die gesagt hat: Du musst ein Archiv machen. Ich mache dein Archiv, ich organisiere das.
Das ist doch mal ein Angebot, das man nicht ausschlagen möchte …
Das tue ich sicher nicht! Ja, sie macht das. Mit viel Energie, aber on the side. Sie ist sehr wichtig für das, was im Archiv gemacht wird, weil sie weiß, wie es gemacht wird, und eine Vorstellung davon hat, wie gearbeitet werden soll.
Macht sie „nur“ Ordnung? Oder geht es auch darum, alles durchzusehen und Entscheidungen zu treffen, wie: Sachen wegschmeißen und so weiter?
Absolutely. Ich hatte immer so ein primitives Ordnungssystem, in dem man sich zeitlich oder nach den Beschriftungen orientieren konnte. Diese Schachteln sind jetzt geordnet und man kann alles überblicken. Das, wovon wir jetzt reden … jetzt kommt das einzelne Bild, kommen die Details. Und das ist einfach eine unglaublich mühselige Arbeit.
Ich habe ja gerade eine große Ausstellung im Kunst Haus Wien gehabt.1 Das war schon mal ein Anlass, das Material zu sichten. Und kennen Sie den Fotohof in Salzburg? Also, die sind ja wahnsinnig kompetent. Und by the way: Wenn ich entscheiden könnte, würde ich denen den Auftrag geben, ein Fotomuseum oder -institut zu führen. Denn diese Leute machen das quasi jetzt schon und kümmern sich um Archive, mit allem Drum und Dran.
Sie sind zu mir gekommen und haben gesagt, dass wir jetzt endlich eine Ausstellung machen müssen, mit Fotos, die noch niemand je gesehen hat, mit Bildern also, die noch nicht ausgestellt wurden. Das finde ich ja herrlich. Endlich fragt mich mal jemand nach etwas anderem als nach den bekannten Bildern. Denn alle fragen ja immer nach dem Gleichen. Nun ja, und jetzt kamen also die Leute vom Fotohof und wollten einfach mal in mein Archiv sehen und meine Prints anschauen. Ich konnte ihnen zeigen, was ich eben schon gemacht habe, was teilweise schon geordnet ist. Da konnte man schon richtig gut was anschauen. Ich erzähle das nur, um zu sagen, dass mein Material jetzt schon ein wenig geordnet ist. Noch lange nicht fertig! Aber man kann etwas herausholen und anschauen. Dahin zu kommen ist eine unglaublich aufwändige und kleinteilige Arbeit und eine kostbare Arbeit, kostbar in jede Richtung, nicht nur geldmäßig. Es ist kostbar zu spüren, dass man Sachen hat, die es wert sind, gesehen zu werden. Ich schätze, ein Archiv für einen Maler einzurichten ist viel leichter, weil der nicht hundert Bilder am Tag macht. Ja, aber hundert Fotos? Easy.
Zu lange hat man ihre Arbeiten vor allem mit der Modefotografe verbunden, oder?
Das war lange Zeit das einzige, was die Leute kannten. Es hat sich niemand meine anderen Bilder angeschaut. Aber ich habe ja ganz viel nebenbei gemacht, für mich, als eine andere Form der eigenen fotografischen Arbeit. Aber das hat bis jetzt niemanden interessiert.
Der Kurator Daniel Baumann hat 2006 mit Ihnen eine Ausstellung bei Casey Kaplan in New York gemacht.2 Es scheint bezeichnend, dass eine solche Ausstellung in den USA stattfinden konnte, während hier noch viel mehr die Schere im Kopf existierte, dass Kunst und Auftrag in der Fotografie immer getrennt betrachtet wurden. Das war also mehr ein europäisches Phänomen und spielte in den USA keine Rolle?
Gar nicht. In Amerika wurden ja nie Zweifel an Irving Penn oder an Richard Avedon geäußert.
Im Katalog der Ausstellung im Kunst Haus Wien steht geschrieben, dass dort bereits die verschiedenen Kontexte Ihrer Arbeit zusammenkamen: Kunst, Mode, Auftrag.
Das war das Konzept, das ich mir überlegt hatte. Ich wollte keine typische Retrospektive, wo alles in einer logischen Abfolge gezeigt wird. Ich habe mir gedacht, dass ich die Dinge so zeige, wie ich sie selbst zusammenschaue. Ich habe an die Wände in meinem Atelier so ungefähr 300 Fotos geklebt, Bilder, die ich mir ganz intuitiv genommen habe. Und die habe ich dann den Kuratorinnen gegeben,3 um anzufangen. Und dann ging es im Weiteren natürlich darum zu klären, was es ganz groß oder gerahmt gibt oder wie man die Ausstellung realisieren kann, dass sie auch von den Kosten her möglich wird und so weiter. Die Direktorin und die Kuratorin haben es dann genauso geliebt, haben sich da einfach hineingestürzt und das Gleiche gemacht, was ich zuvor gemacht habe, und die Bilder ganz frei zusammengestellt. Deswegen hat die Ausstellung dann auch so eine andere Richtung genommen, als die, die man vielleicht erwartet hat. Aber meine eigene künstlerische Arbeit hat eine ganze Zeit lang niemand wahrgenommen. Obwohl, wenn ich jetzt ein paar Art-Direktoren treffe, irgendwo in New York City, dann sagen sie oft: „Aber genau das hast du doch schon vor Jahren gemacht!“ Und dann frage ich mich: „Ja, und wo hast du damals hingeschaut?“ Aber das ist natürlich auch mein Fehler, weil ich mich nicht selbst verkaufen konnte. Ich konnte es nicht übers Herz bringen. Und ich wollte an dieser wahnsinnig narzisstischen Eleganz auch nicht teilhaben. Gleichzeitig war ich in der Modefotografie. Das war für mich alles eine Herausforderung, die ich bei jedem Auftrag bewältigen musste. Wie erreiche ich, dass ich etwas, was mich interessiert, machen kann? Wie erreiche ich, dass es noch irgendwie im Rahmen des Auftrags funktioniert? Es hat auch immer irgendwie funktioniert. Es gab Leute, die mochten, was ich mache, aber es war entgegen allem! Gegen alle Konventionen! Obwohl es jetzt nicht wüst oder so exzentrisch war wie etwa bei David LaChapelle. Der ist ja noch weiter gegangen. Bei mir war das einfach so eine Sache, die nicht für alle klar war. Vorher nicht und auch nachher haben viele nicht genau gewusst, was sie mit meiner Arbeit jetzt tun sollen.
Hat sich diese Welt der Auftragsfotografie eigentlich verändert? Ist mehr möglich geworden oder eher weniger?
Na ja, es gibt jetzt schon ein Bewusstsein dafür, dass die Modewelt durchaus hinterfragt werden kann. Dass man nicht einfach weitermachen kann mit diesem Kult des Schönen. Das heißt nicht, dass das Schöne und Konventionelle nicht mehr gefragt ist. Aber es gibt heute wirklich ein Bewusstsein und die Möglichkeit, den Auftrag auch auf andere Art und Weise zu erledigen. Das kommt nicht so oft vor, aber wenn man mit den richtigen Leuten zusammenarbeitet, gibt es die Möglichkeit, dass die Arbeit nicht total abgelehnt oder nicht verstanden wird. Es gibt jemanden bei der Vogue, der sich dort um die Kunst kümmert, Bernd Skupin. Der hat ein Interview mit mir gemacht und gesagt, „Jetzt weiß ich erst, was du gemeint hast vor fünf Jahren. Ich hatte es damals nicht verstanden.“
Das ist ja eigentlich ein schönes Kompliment. Zur Frage nach der Veränderung in der Auftragswelt haben wir auch Hans Hansen interviewt. Kennen Sie ihn?
Der hat hauptsächlich Advertising gemacht, nicht? Und seine Schülerin ist ja Annette Kelm. Das ist eine der Fotografinnen, die mir am besten gefällt. Weil sie eine so spezielle Position vorlegt. Und Hans Hansen ist ja ein total begabter Mensch. Also wirklich, der macht seine Arbeit einfach toll. Ich habe überhaupt nichts gegen Advertising. Advertising kann schön und gleichzeitig intelligent sein. Nur wird das ja kaum schön und intelligent gemacht. Ihm ist es aber gelungen, das zu tun.
Hans Hansen jedenfalls erzählte, dass sich der Markt der Werbung oder vielmehr die Auftragsgebermentalität stark verändert habe, sodass er oftmals nicht mehr die Möglichkeit hatte frei zu arbeiten.
Ja, aber das ist etwas anderes. Ich rede von der Modefotografie. Ich rede nicht von der Werbung, wo es praktisch keine Freiheit mehr gibt. Da ist alles genau kalkuliert und zielgerichtet. Man schaut nicht mehr und wartet ab, was funktioniert und was nicht funktioniert. Da wird auch immer schon gewusst, was funktioniert, und das will man haben. Und eine freie Interpretation, die dann aber prächtig funktioniert – und diese Erfahrung hat Hans Hansen sicher genauso gemacht wie ich –, die gibt es heute in der Werbung nicht mehr. Darauf verlässt sich kein Mensch mehr. Man verlässt sich auf Dinge, die man nachprüfen kann. Und das sind Dinge, die meiner Meinung nach gar nicht immer stimmen. Das habe ich schon damals bei Umfragen gesehen, die in Zusammenhängen mit meinen Aufträgen durchgeführt wurden. Da wurden verschiedene Sujets hergezeigt und die Leute gefragt, was ihnen gefällt. Und bestimmte Bilder gefielen eben nicht. Wir haben sie trotzdem gemacht und plötzlich fanden sie alle super. Es wurden ja wahllos Leute zu den Bildern befragt, so, als ob sie die Experten wären. Entschuldigung, aber die haben ja keine Ahnung. Die konnten sich einfach nicht vorstellen, dass ein Bild auch anders funktioniert. Weil sie einfach bestimmte Erwartungen an Bilder hatten und sich nicht vorstellen konnten, dass man den Auftrag auch auf eine ganz eigene Art und Weise beantworten kann und dass man damit durchaus was anfangen kann.
Grenzen zu überschreiten ist also ein Motor von Ihnen … und mit Blick auf die Ausstellung, Dinge aus unterschiedlichen Kontexten zusammenzubringen. Haben Sie immer schon so gearbeitet?
Ja, ich habe es immer schon geliebt so zu arbeiten. Aber da war ich mit ganz vielen Dingen einfach wirklich zu früh dran. Viele haben die Idee immer sehr gut gefunden, aber dann nicht so recht gewusst, was sie tun sollen, wo sie die Arbeit eigentlich hintun sollen.
Wenn Sie jetzt an Ihr Archiv denken, würden Sie dann auch alle Bilder, die entstanden sind, egal ob es eine freie oder eine auftragsgebundene Arbeit ist, zusammenlegen? Man kann ja kategorisieren, das wird ständig gemacht.
Hm, gute Frage. Das weiß ich nicht. Ich würde wahrscheinlich das Blatt nach Datum sortieren und etwas Entsprechendes dazuschreiben. Ich habe mich von Anfang an geweigert, Kunst und andere Arbeiten voneinander zu unterscheiden. Denn ob etwas bleibt oder nicht, das entscheidet sowieso die Zeit. Ich wollte da nicht kategorisieren, aber das war für mich auch schwierig. Ich war nicht in der Situation zu sagen, ich mache jetzt nur noch Kunst. Ich habe Modefotografie gemacht und damit das Geld für die Familie verdient. Aber es hat mir auch Spaß gemacht. Und ich habe immer versucht, so weit wie möglich wegzukommen von einem total kommerziellen, flachen Begriff von der Mode. Und auch wegzukommen von einem Bild von Frauen, wie man sie sich vorstellt, dass sie ausschauen müssten.
Der amerikanische Fotograf Lee Friedlander zum Beispiel ist ja großartig. Irgendwo habe ich von ihm ein Foto gesehen, vom Television.4 Da habe ich sofort gedacht, ich mach jetzt Fotos, also Modefotos, mit Fernsehern, die irgendwo im Bild zu sehen sind. Die Fernseher sollten vor allem in Hotelzimmern stehen, in ein paar schönen – aber auch hässlichen. Die Zimmer sollten von überhaupt keinem speziellen Geschmack erzählen. Und gleichzeitig habe ich geschaut, wie groß der Fernseher sein muss oder wie klein er werden kann. Die Idee war, ihn ganz klein zu machen und darin die Mode zu zeigen. Ich dachte mir, ich schau mal, was die Reaktion darauf ist. Hat perfekt funktioniert. Kein Mensch hat sich beklagt. Was interessant ist, denn der Fernseher ist anscheinend such a magic point, dass alles, was da drinnen läuft, auf jeden Fall angeschaut wird. Das ist ja toll. Und das waren natürlich Sachen, die einfach anders waren und nicht wirklich im Interesse der Modeindustrie.
Wenn mich heute jemand fragt, was die Television-Bilder waren, dann sage ich natürlich, das war Modefotografie. Bei mir ist vielleicht interessant, dass man die Fotos schlecht zuordnen kann, weil die Mode selbst nicht so hingebungsvoll wichtig war wie sonst in Modeserien. Die Mode selbst taucht bei mir immer nur en passant auf den Bildern auf. Die Models hatten die Mode halt an, die ich fotografieren musste, aber sie war nicht zentral wichtig. Wichtig waren die Kontexte, in denen sich die Models gefunden haben.
Sie haben ja auch sehr viele Künstler*innenpersönlichkeiten porträtiert.
Ich war mit zwei Künstlern verheiratet und habe immer in dieser Umgebung gelebt und schon früh für mich beschlossen, dass es das ist, was mich interessiert.
Ihre Künstler*innenporträts zeugen auch von einer Ebenbürtigkeit. Man spürt die Nähe zu Ihrem jeweiligen Gegenüber und das, wofür sie stehen. Die Frage aber ist ja – im Hinblick auf ein Archiv –, wo gehört Ihr Werk hin, zukünftig, institutionell. Margherita Spiluttinis Vorlass ist nun ins Architekturzentrum Wien gegangen,5 was aus ihrem Œuvre heraus gewissermaßen Sinn macht. Wo sehen Sie sich mit Ihrer Arbeit?
Das habe ich mich gerade auch gefragt, wo Sie es sagen. Ich habe ja auch ein Buch über Architektur gemacht, über den Umbau der Landstraßer Hauptstraße, Wien Mitte.6 Ich liebe Baustellen. Ich habe auch immer wieder auf Baustellen Modefotografie gemacht. Ich habe aber nur so lange an dem Ort fotografiert, wie er eine Baustelle war. Ich habe dem Auftraggeber gesagt: Wenn der Bau fertig ist, interessiert er mich nicht mehr. Ein Ort interessiert mich nur so lange, wie er mich gedanklich inspiriert. Ich finde die Anfänge und den Prozess interessant. Oftmals ist die Architektur ja dann, wenn sie fertig ist, deprimierend. Und wenn dann eingezogen wird, kann man die Architektur oft auch gar nicht mehr sehen.
Das heißt, Sie arbeiten quer durch alle Genres.
Schaut so aus. Als ich den Auftrag für das Buch über Wien Mitte angenommen habe, dachte ich, okay, jetzt muss ich auf all den Leitern herumklettern … und fragte mich auch, mit welcher Kamera ich das möglichst professionell machen kann. Und dann dachte ich mir: Nein, ich arbeite zwar mit einer sehr guten Kamera, natürlich mit Stativ, das Licht gut gesetzt, so viel ist klar. Aber ich strebe jetzt nicht diese Perfektion und Kälte an. Die ist manchmal schön und wichtig. Bei Hans Hansen zum Beispiel ist sie sehr gut. Aber sie setzt auch eine wirklich perfekte Vorlage voraus.
Von der Technik wird man ja auch ein bisschen vergewaltigt. Da nimmt man dann manchmal Standpunkte ein, die nicht mehr ganz die eigenen sind. Weil es dann einfach schwierig wird anders zu arbeiten. Viele Dinge funktionieren dann nicht, weil die Optiken andere sind und so weiter. Da ist dann mein Background meiner Zusammenarbeit mit Künstlern interessant. Als ich zum Beispiel Martin [Kippenberger] 1996 fotografiert habe im Zusammenhang mit der Arbeit Das Floß der Medusa, da habe ich das Licht so gesetzt, dass es für uns stimmte. Es ging darum, die Szene so aufzubauen, dass sie nicht konstruiert wirkt. Der Martin hat das alles mir überlassen. Er hat nur gesagt, dass es schön wäre, wenn wir etwas zusammen machen könnten. Und dann hat er aber auch gesagt, vielleicht solltest du es nicht so genau machen. Und das habe ich öfter gehört. Eigentlich vor allem von Künstlern, die Angst vor dieser wahnwitzigen Genauigkeit haben. Wobei man natürlich sagen muss: Die Bilder sind sehr genau, auch wenn sie technisch nicht genau sind.
Die Furcht der Künstler und Künstlerinnen vor der Perfektion …
Die richtete sich nicht an mich, sondern an das Medium. In der Fotografie gab es mal Zeiten, wo Schärfe gefragt war. Es gab aber auch Zeiten, wo Schärfe total verpönt war und die Unschärfe ein Zeichen von künstlerischer Subversion.
Sie meinen etwa die Nudes von Thomas Ruff?
Nein, ich meine viel, viel frühere Arbeiten …
Die Verbindung zur bildenden Kunst suchen Sie immer wieder, oder? Auch, wenn man sich Ihr Buch mit den Architekturfotografien über Wien Mitte anschaut …
Ja, ich habe meine Vorbilder in der Kunstgeschichte, Bruegel und so weiter. Das erlaubt mir verrückte Dinge zu tun. In der Architekturfotografie arbeite ich gern mit den Perspektiven, um sie in etwas anderes zu verwandeln. Und dann aber auch wieder mit Flächen oder Geometrien, die vielleicht auf den ersten Blick schäbig aussehen, aber gerade deshalb prachtvoll sind.
Nochmal zum Archiv: Haben Sie denn überhaupt noch alles an Material? Gerade, wenn man an die analoge Zeit denkt: Gibt man da nicht auch Vorlagen ab? Und kommen sie immer wieder auch zu einem zurück? Und wie war oder ist das mit dem Copyright in Auftragszusammenhängen? Liegt es bei Ihnen oder beim Auftraggeber?
Mein Copyright gebe ich nicht ab. Wenn man für eine Zeitung arbeitet, muss man das Copyright zwar abgeben, aber nur für ein Jahr. Oder anders: Man gibt nicht das Copyright ab, aber darf ein Jahr lang dieses Foto nicht für andere Dinge verwenden. Und das passiert ja sowieso selten.
Und die andere Frage: Ist eigentlich überhaupt alles Material von Ihnen verfügbar? Oder sind manche Dinge auch bei Ihren Auftraggeber*innen verblieben?
Das ist vielleicht hier und da passiert, ganz selten. Aber sicher nur bei Dingen, die mir nicht so wichtig waren. Ich habe eigentlich alles gut beisammen. Es ist mal eine ganze Vorschau auf eine neue Kollektion von Dolce & Gabbana verbrannt – und bei Palmers hat es auch einmal gebrannt. Das finde ich aber nicht dramatisch, weil ich einerseits noch ähnliche Arbeiten habe, und weil andererseits meine Arbeiten für Palmers und Römerquelle so zu einer Geschichte über mich und meine Arbeit geworden sind. Sie hat in einer bestimmten Zeit stattgefunden. Heute würde ich diese Arbeit anders machen. Also okay, na ja, es wäre schön, wenn ich die Originalnegative noch hätte, aber ein Teil ist eben bei diesem Brand zerstört worden.
Nochmal zurück zu dieser sehr persönlichen Frage: Haben Sie schon darüber nachgedacht, wo Ihr Werk einmal seinen finalen Ort finden soll? Oder ist das eine Frage, die Sie gar nicht beschäftigt und die Ihre Familie klären muss? Wenn man zum Beispiel an die Fotografin Cora Pongracz denkt: Deren Familie hat den Nachlass der Galerie Gabriele Senn übergeben. Das Werk wurde dann über Umwege von der Sammlung OstLicht gekauft und umfassend aufgearbeitet.7 Dennoch könnte man die Frage stellen: Warum haben die Museen verpasst, sich dem Werk von Cora Pongracz anzunehmen? Nun ist es in privaten Händen.
Mir wurde immer angekreidet – hinter meinem Rücken –, dass ich Modefotografie mache. Und ich muss heute auch sagen, dass dieses Desinteresse auch etwas damit zu tun hat – und diesen Gedanken hatte ich mein ganzes Leben nicht –, dass ich eine Frau bin. Ganz einfach. Und dass ich eine gewisse Haltung habe. In meiner Ausstellung im Kunst Haus Wien gab es tolle Besucherzahlen. So viele Leute hat das Museum überhaupt noch nie gehabt, das hat mich sehr gefreut. Aber ich habe mir natürlich auch die Frage gestellt: Warum gucken bestimmte Leute eben nicht hin? Was ist das eigentlich? Viele Leute kennen nur die Arbeiten für Römerquelle oder Palmers. Aufgrund dieser Arbeit war ich ja bekannt. Ich war ja nie unbekannt. Und insgesamt erfahre ich viel Zuneigung von den Leuten – aber ich weiß eigentlich nicht, wieso. Denn die meisten wissen gar nichts über meine Arbeit und was ich sonst noch so fotografisch gemacht habe. Und ich muss sagen, die Leute, auf die es in unserem Betrieb ankommt, haben immer versucht, mich klein zu halten, trotzdem ich eine Galerie habe oder sogar mehrere. Aber: Ich habe einfach versucht, das zu machen, was mir aus meiner Position als Modefotografin heraus wichtig und möglich war und was mir noch immer wichtig und möglich ist. Viele Frauen haben mich immer gefragt, wie ich das mit den Kindern mache. Ich kann dazu nur sagen, dass es für mich immer wichtig war zu arbeiten, weil ich selbstständig sein wollte. Und ich fand immer, dass man arbeiten muss, weil das ja auch eine Erfüllung ist. Es kommt natürlich darauf an, was man macht. Mit den Kindern ist das keine Kunst, wenn man genug Geld verdient, um sich ein Kindermädchen zu leisten. Da war ich immer sehr genau und sehr konstruktiv. Ich wollte nicht nur irgendetwas daherfaseln, sondern ganz realistisch über diese Dinge sprechen. Es muss einem auch ein Bedürfnis sein zu arbeiten und ein eigenes Leben zu haben, sich etwas zu überlegen und sich Wissen anzueignen, damit man diese Vorstellung in eine gute Form, in ein gutes Zusammenspiel bringt. Das ist einfach wichtig in der Gesellschaft, in der wir leben. Und ja, es ist auch kompliziert. Die Frauen sind eben nicht davon erlöst, sie müssen sich darum kümmern. Sie müssen immer ganz genau überlegen, wie ihr eigenes Leben ausschaut, wenn sie Kinder haben. Und ich glaube, meine Klarheit und Entschiedenheit darüber hat mir geholfen.
Toll, dass Sie das noch mal so deutlich aussprechen.
Ich habe ja jetzt erst überhaupt für mich festgestellt, dass es diesen Zusammenhang gibt. Denn es hat mir nie an Aufmerksamkeit gefehlt, in a way.
Und trotzdem kann man sagen, dass der Schritt in eine Institution lange ausgeblieben ist. Die Ausstellung im Kunst Haus Wien war ja die erste museale Einzelausstellung in Wien. Hinzu kommt die zeitweilige Verlegung ihres Lebensmittelpunktes nach New York. Das flößt Respekt ein und man nähert sich vielleicht nicht mehr ganz so unbefangen ihrer Arbeit.
Ja, sicher. Hundertwasser wurde ja auch total ignoriert und in Österreich wirklich kleingemacht. Lange war er nicht anerkannt, jetzt schon. Langsam kommt die Erkenntnis, dass das doch ein sehr interessanter Maler war. Und das liegt auch daran, dass er sehr geschäftstüchtig war und sofort verstanden hat, was er tun muss, damit es läuft. Diese finanzielle Geschicklichkeit hat aber keinen Einfluss gehabt auf das, was er gemacht hat. Das erste Geld, das er verdient hat, hat er in einen Film investiert, nicht schlecht. Aber dass er es gewagt hatte, sein Geld in neue Projekte zu investieren, wurde ihm übel genommen.
Kunst und Kapital in dieser Zeit so offensiv miteinander zu vermischen, das sah man wahrscheinlich nicht so gerne. Was natürlich in Ihrem Fall auch noch hinzukommt, ist, dass ja noch bis weit in die 1990er-Jahre das Medium Fotografie in den Kunstinstitutionen nicht angekommen war. Gut vorstellbar, dass es gerade bei den größeren Museen da auch eine gewisse Scheu speziell gegenüber Ihrer Arbeit gab.
Absolutely. Nur – wie gesagt – wenn es ein Niveau hatte wie Irving Penn oder Richard Avedon, wenn die Arbeit also ganz oben angesiedelt war, dann gab es keine Probleme. Die beiden haben ja immer nur ganz oben gearbeitet, in Amerika. Also da war eben nie ein Makel, dass alle diese Fotografen ihr Leben lang auch Mode gemacht haben.
In Österreich gab es natürlich vor dem Zweiten Weltkrieg eine jüdisch getragene Fotografieszene. In der Tschechoslowakei war sie noch ausgeprägter, das muss weiter aufgearbeitet und die Verbindungen gesehen werden.
Das heißt, Sie sehen schon die Notwendigkeit, speziell etwas für das Medium Fotografie zu tun und es weiter zu erforschen. Sehen Sie auch die Notwendigkeit der Gründung eines Fotomuseums in Österreich?
Das ist sehr wichtig. Und der Fotohof ist von den vielen Institutionen, die es in Österreich schon gibt und die sich um die Fotografie kümmern, einfach unglaublich kompetent. Das sind die, die das Programm – also, was es alles braucht: Ausstellungen, Publikationen, Archive – total erfüllen. Aber nachdem alle diese Aufgaben ja auch immer eine Frage des Geldes bleiben, machen sie das Spektrum nur so groß, wie sie können. Und das ist klein. Da müssen wir besser schauen, was es alles auf der Welt und in Europa gibt. Es könnte ja zwei Institutionen geben. Die eine kümmert sich um Archivierung und die andere kümmert sich um das Erarbeiten von Standards im Umgang mit Restaurierung von Prints, die kaputt sind. Im Grunde genommen wäre es natürlich besser, wenn alles beisammen wäre. Denn es ergeben sich sicherlich bei allen Nachlässen ähnliche Fragen, mit denen man konfrontiert ist. Aber wichtig zu verstehen ist doch, dass die Fotografie auch ein Teil der Kunst ist. Allein aus diesem Grund ist man doch gezwungen, sich mehr mit der Fotografie und ihrer Technik zu befassen. Denn sie greift ja auch auf die andere Kunst über. Die Fotografie ist eine Inspiration für viele Künstler, die sie heute in ihr Werk integrieren und mit der ihr Werk verändert wird. Und das hat ja Auswirkungen auf Konservierung und Aufbewahrung. Auch in der Malerei werden nicht mehr nur die teuren und komplizierten und qualitativ hochstehenden Materialien verwendet. Schöne Leinen hinter Glas, haltbare Hintergründe, kostbare Farben … das hat sich ja verändert. Man verwendet zerknüllte Papiere, die in eine Ecke gekehrt werden und die genau so dort liegen müssen. Wie geht man jetzt damit um? Wie funktioniert das? Ich glaube, Aufbewahrung ist inzwischen sehr kostbar. Weil alles so fragil geworden ist. Deshalb ersetzt die Aufbewahrung heute die Verwendung von kostbarem Material. Weil die Kunst heute eben diese Funktion hat, die sie jetzt hat. Daher wird Aufbewahrung immer bedeutender. In unserer schnelllebigen Zeit werden ja Ressourcen für die Kunst und für die Ausstellungen immer knapper, leider. Wenn man nicht über ein Archiv verfügt, mit dem ein Zugang zu einer Arbeit komplikationslos gewährt ist, dann ist die Chance, dass eine Arbeit nicht gesehen wird, größer. Dann ist sie weg. Außer Sie haben Glück und sind so ein Typ wie der Miroslav Tichý, der ja eine Wildsau war, überall herumgegangen ist und eine obsession gehabt hat, die ihn überall drüber getragen hat … da kommt man dann durch, aber sonst? Nicht so viel.
Vielleicht sind nicht nur Archive wichtig, sondern damit zusammenhängend auch die Materialforschung. Ein digitales Foto, das vor 20 Jahren entstanden ist, sieht wahrscheinlich anders aus als ein digitales Bild, das heute entsteht.
Total. Allein dazwischen liegen ja schon Welten. Helmut Newton hat natürlich schöne Prints gemacht, sie waren sehr grafisch, mit schönen Kontrasten in Schwarz-Weiß. Ich kannte auch Arbeiten von Leni Riefenstahl, diese klassisch anmutenden Figuren, Sportler und so weiter. Als ich dann ihre Arbeit in Los Angeles im Original gesehen habe, musste ich feststellen, dass die Prints alle klein waren und ein grobes Korn hatten. Da war ich vollkommen weg, weil mir klar wurde, wie schnell die Entwicklung voranschreitet. Bis dahin hatte ich nicht darüber nachgedacht, weil wir natürlich nicht dauernd Originale in der Hand haben. Das ist wirklich interessant. Die Amerikaner haben sehr früh eine unglaubliche Qualität geliefert, sehr speziell, auch die Farbfotografie, William Eggleston und so weiter. Es ist einfach unglaublich viel passiert und die Qualität hat sich wahnsinnig verbessert. Ich habe immer gedacht, ich kann sofort sehen, ob ein Schwarz-Weiß-Print digital oder analog ist. Im MoMA in New York war eine Fotoausstellung mit Bildern von Robert Mapplethorpe zu sehen, der ja großartig schöne Prints gemacht. In einem Kabinett hingen vielleicht 60 Prints, analog und digital, gemischt, Originale und Re-Prints. Ich habe gedacht: Kein Problem für mich, ich finde sofort heraus, welche Bilder analog sind und welche digital. Habe ich nicht. Ich lag falsch.
Es gab 2010 eine Ausstellung in der Galerie Buchholz, in der Wolfgang Tillmans seine ersten digitalen Prints gezeigt hat, gemischt mit analogen.8 Es waren viele Fotograf*innen in der Ausstellung, die speziell nach den neuen digitalen Arbeiten geguckt haben und die sie natürlich sofort erkannt haben. Aber in den letzten Jahren hat da ja offenbar nochmal eine enorme Entwicklung stattgefunden.
Total.
Offenbar haben viele Fotograf*innen in dem Moment angefangen professionell digital zu fotografieren, als noch einmal verbesserte Print-Techniken entwickelt wurden, mit denen sich dann die Ergebnisse stark annähern.
Absolut, ja.
Ihre Position ist ja klar geworden: Es geht für Sie um ein Museum oder ein Institut, das dieses Medium erforscht.
Unbedingt!
Aber da kommt ja gleich die nächste Frage auf: Welche Fotografie deckt denn so ein Institut ab? Muss es um das Medium im Allgemeinen gehen? Oder schaut man nur nach künstlerischer Fotografie? Muss es also in die Breite gehen oder muss es sich spezialisieren?
Ich glaube, dass es in jeder Sparte der Fotografie Resultate gibt, die es wert sind, aufgehoben zu werden. Der Martin [Kippenberger] hat zum Beispiel einen Fotografen geliebt, den kannte gar ich nicht, das war ein Zehen-Fetischist, Elmer Batters. Vollkommen verrückt, was dieser Mensch gemacht hat, aber auch wirklich interessant! Tja, und es gibt sicher auch pornografische Aufnahmen, die großartig sind. Ich würde jetzt wirklich keinen Unterschied machen, ob es sich um Kunst handelt oder nicht. Ich würde nur schauen, welche Qualität das Material hat. Ich war in vielen Jurys und habe erlebt, dass dort danach entschieden wurde, was gerade modern war. Das kann es ja nicht sein. Wir müssen auswählen, was ein bisschen über diese Linie hinaus geht. Damals in den Jurys habe ich oft gedacht, dass ich handwerkliche Qualität zwar wichtig finde, aber wenn Sie mich zwischen zwei Fotos auswählen lassen, und von den beiden ist eines perfekt und das andere nicht, aber mit einem Inhalt und einer Richtung, die inspiriert und glücklich macht, dann pfeife ich auf die Technik und wähle das unperfekte Foto. Wenn die Technik keinen Zweck erfüllt, also keinen inhaltlichen, gedanklichen, dann pfeif ich drauf. Manchmal muss man sich auch selbst erlösen lassen von etwas, das ein Stück weitergeht als das, was man gedacht hat, was möglich und gut ist.
Wenn man sich jetzt vorstellt, es gäbe ein solches Institut und alle Ihre Kriterien wären erfüllt: Zum einen, dass die bildnerische Qualität entscheidend ist und nicht die technische Perfektion und zum anderen, dass hier Fotograf*innen aus ganz unterschiedlichen Kontexten zusammenkommen können – wer wählt aus?
Ja, wer wählt aus? Das ist ja die ewige Frage, über deren Ausgang wir nicht entscheiden können, nicht bestimmen können. Das kommt immer darauf an, wer an der Macht ist. Hier in Österreich haben wir den Kanzler Kurz,8 ja, wie wird es da ausschauen?! Es ist einfach die Frage, wie integer die Leute sind. Denn diese ganzen Fragen sind ja eng verwoben mit der Politik. Das ist die heikelste Frage.
Je größer so ein Institut ist, umso besser erscheint es mir, weil dann einfach viele kompetente Leute zusammenkommen, die sich austauschen müssen. In Österreich kenne ich schon auch ein paar Leute, die sich so ein Institut oder Museum wünschen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das in eine Richtung geht, die mich interessiert. Andererseits muss es auch nicht um meine Interessen gehen. Es muss nur gewährleistet sein, dass da Leute dabei sind, die ein Interesse an der Fotografie mitbringen und die die verschiedenen Bereiche kompetent abdecken.